Pandemie verändert Konsumverhalten und finanzielle Einschätzung
Finanzielle Sorgen überwiegen zu Beginn der Pandemie
Die Corona-Krise hat Verbraucher zögerlicher gemacht. Gerade zu Beginn dieser hat die Bevölkerung in Deutschland größere Anschaffungen verschoben, wie unter anderem aus der Deloitte-Studienreihe „Global Consumer Pulse Survey“ hervorgeht. Der abgeschwächte Konsum resultierte vor allem aus finanziellen Sorgen der Bevölkerung. Deloitte zufolge sorgten Kurzarbeit und die Furcht vor dem Verlust des Arbeitsplatzes dafür, dass mehr als ein Drittel der Verbraucher in Deutschland besorgt um ihre finanzielle Situation waren.
Die massiven Sorgen nahmen erstmals im Sommer 2020 zum Ende der ersten Corona-Welle hin ab und lagen unter dem EU-Durchschnitt. Nur noch rund jeder Fünfte hatte im Juli 2020 Bedenken, anstehende Zahlungen nicht leisten zu können. Gleichzeitig sank die Bereitschaft zum Sparen erstmals seit Beginn der Pandemie wieder von 15 auf zwei Prozent. Insgesamt traten die finanziellen Sorgen in den Hintergrund. Deutlich besorgter zeigte sich die Bevölkerung in der Deloitte-Studie hinsichtlich gesundheitlicher Risiken. Im Juli 2020 war mehr als jeder Vierte besorgt um die Gesundheit von Angehörigen und jeder Dritte sorgte sich um die eigene Gesundheit. Die geringeren finanziellen Sorgen zeichnen sich auch im Konsumverhalten und den Konjunkturerwartungen ab.
Konsumklima erholt sich langsam, Konjunktur- und Einkommenserwartungen steigen
Die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) veröffentlichte in ihrer Pressemitteilung Ende Juni 2021 die neuesten Werte zum Konsumklima. Dieses hellt sich nach Angaben der GfK spürbar im Vergleich zum Vorjahreszeitraum auf. Das sich langsam erholende Konsumklima zeigt sich ebenfalls in moderaten Zuwächsen der Anschaffungsneigung.
Erheblich verbessert haben sich dagegen die Konjunktur- und Einkommenserwartungen der Menschen. Die wirtschaftlichen Aussichten schätzt derzeit die Bevölkerung um fast das Siebenfache besser ein, als noch im Juni 2020. Der Indikator-Wert kletterte laut GfK von 8,5 Punkten (Juni 2020) auf derzeit 58,4 Punkte. Die Einkommenserwartungen legten ebenso spürbar zu und erreichten wieder Vorkrisenniveau.
Finanzielle Wahrnehmung: Neue Studie vergleicht Generationen
Auch die aktuelle Studie Liquidität 50Plus 2021 Deutschland der TeamBank AG hebt hervor, dass die derzeitige finanzielle Lage in Deutschland gut ist. Doch nehmen wirklich alle Generationen die Situation gleich wahr? Dieser und weiterer Fragen geht die neue Studie genauer nach.
Die gemeinsam von der TeamBank AG und dem Marktforschungsinstitut YouGov durchgeführte Erhebung betrachtet die Stimmung zur finanziellen Situation der deutschen Bevölkerung in zwei Dimensionen. Zum einen wurden im Januar 2021 3.158 Teilnehmer zwischen 18 und 79 Jahren gebeten, ihre derzeitige finanzielle Lage zu bewerten. Zum anderen sollten sie die erwartete zukünftige Situation beurteilen. Im Fokus der Studie steht dabei insbesondere die Altersgruppe 50Plus, die bereits mehrere globale Krisen in ihrem Leben durchgemacht hat.
Im Detail betrachtet die Studie den allgemeinen Liquiditätsindex 2021 und analysiert zusätzlich das Konsumentenverhalten in Deutschland. Dabei beleuchtet die Studie Anpassungen im Kaufverhalten und bei welchen Produkten und Services die Befragten zum Sparen bereit wären.
Liquiditätsindex sinkt – finanzielle Wahrnehmung variiert deutlich
Das Stimmungsbild der Bevölkerung hinsichtlich deren finanziellen Situation ist laut der der Studie Liquidität 50Plus Deutschland 2021 verhalten. Obwohl die tatsächliche Finanzlage sehr gut ist, hat der Liquiditätsindex 2021 im Vergleich zum Vorjahr mehr als die Hälfte seines Wertes eingebüßt. Er liegt aktuell bei 13,50 Punkten. Regional gibt es dabei erhebliche Unterschiede. So schätzen beispielsweise Konsumenten in Hamburg ihre finanzielle Situation weitaus besser ein als Menschen im Saarland.
Auffallend ist, dass der Großteil der Bevölkerung seine derzeitig finanzielle Lage durch Corona kaum beeinflusst erlebt. 63 Prozent der Befragten gaben in der Studie an, keine Veränderungen ihrer Finanzen zu verzeichnen. Und mehr als jeder Zehnte sagt aus, sogar finanziell besser gestellt zu sein. Dem gegenüber steht aber auch ein Viertel der Konsumenten, die eine Verschlechterung erleben.
Ein ähnliches Bild zeichnet sich bei der Beurteilung der zukünftigen finanziellen Lage ab. Jeder vierte Konsument gibt hier an, keine Veränderung zu erwarten – das sind 18 Prozent mehr als noch im vergangenen Jahr. Eine Verschlechterung erwarten dagegen immer noch gut ein Fünftel der Studienteilnehmer, wobei hier der Anteil gegenüber 2020 um vier Prozent abgenommen hat. Eine Verbesserung der Finanzsituation erwarten allerdings nur noch 37 Prozent und damit 13 Prozent weniger Verbraucher, als im Vorjahr.
Konsumverhalten: Einsparungen vor allem im Freizeitbereich
Die Bewertung der finanziellen Situation hat sich auf den Konsum ausgewirkt. Aber noch mehr als die Finanzlage wird das Konsumentenverhalten von den Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie beeinflusst. Insgesamt gingen zwar die Ausgaben in allen Bereichen mehr oder weniger zurück. Den größten Konsumrückgang erfahren aber weiterhin die Bereiche, die vom Shutdown betroffen waren, und damit Dienstleistungen wie Urlaubsreisen, Restaurantbesuche und Freizeitaktivitäten wie Theater, Konzerte und dergleichen.
Hervorzuheben ist jedoch auch die geringe Neigung von Konsumenten, in ihre Altersvorsorge während der Pandemie zu investieren. Elf Prozent der Studienteilnehmer gaben in diesem Bereich an, Ausgaben zu verschieben oder sogar ganz darauf zu verzichten. Diese Beobachtung, ebenso wie die Schwerpunkte der Einsparungen, ist dabei sowohl bei der jüngeren Altersgruppe als auch in den älteren Generationen ab 30 Jahren zu machen.
Die Generation 50Plus grenzt sich weniger in den Einsparungen ab, als vielmehr in der Wahrnehmung ihrer finanziellen Situation und dem allgemeinen Umgang mit Finanzen. Die Studie widmet sich daher insbesondere der Generation 50Plus eingehend in den Bereichen „finanzielle Wahrnehmung – aktuell und zukünftig“, „Finanzübersicht“ und „Finanzverhalten“ sowie „Ausgabepläne“ und „Sparbereitschaft“.
Generation 50Plus mit negativer Einschätzung der Finanzsituation
Im Gegensatz zu jüngeren Befragten schätzen Konsumenten ab 50 Jahren die eigene finanzielle Situation insgesamt deutlich schlechter ein. Der Wert des Liquiditätsbarometers für die Altersgruppe 50-79 Jahre liegt mit 4,25 Punkten weit unter dem Bundesdurchschnitt von 13,50 Punkten. Gegenüber der Altersgruppe 30-49 Jahre schätzen ältere Studienteilnehmer ihre Finanzlage viermal schlechter ein. Im Vergleich zu 18-29-Jährigen ist die Einschätzung sogar mehr als sechseinhalb Mal schlechter.
Blickt die ältere Generation nur auf die aktuelle finanzielle Situation, sind die Konsumenten etwas optimistischer als der Bundesdurchschnitt. Mehr als zwei Drittel der 50Plus-Studienteilnehmer betrachten ihre Finanzlage hier als unverändert, während unter den 30-49-Jährigen 30 Prozent die finanzielle Lage schlechter bzw. deutlich schlechter bewerten.
Der Pessimismus der älteren Generation erstreckt sich also vorwiegend auf die zukünftige Finanzlage. Das geht auch aus den Ergebnissen der Studie Liquidität 50Plus 2021 hervor: Ältere Verbraucher gehen wesentlich seltener von einer Verbesserung aus (22 Prozent) und eher von einer Verschlechterung (27 Prozent) ihrer finanziellen Situation. Das kann einerseits aus den Erfahrungen durch vergangene Krisen resultieren. Andererseits dürften für diese Einschätzung vor allem auch die frei verfügbaren finanziellen Ressourcen im Alter verantwortlich sein.
Generation 50Plus: Genauer Finanzüberblick, aber wenige finanzielle Ressourcen
Ältere Konsumenten wissen genau, wie viele freie Mittel sie für unvorhersehbare Ausgaben zur Verfügung haben. Mit 57 Prozent der Befragten, die einen genauen Überblick haben, liegt die Generation 50Plus über dem Bundesdurchschnitt von 50 Prozent. Die Finanzübersicht schließt ebenso eine detaillierte Übersicht der monatlichen Ausgaben und Kosten ein. Auch hier liegt die ältere Generation deutlich vor jüngeren Studienteilnehmern.
Das liegt unter anderem in der akribischen Buchführung von Verbrauchern ab 50 Jahren begründet. Mehr als drei Viertel der Befragten in der Altersgruppe 50-79 gaben an, alle paar Tage auf ihre Abbuchungen und den Kontostand zu blicken. Und: Die Generation 50Plus hat ihren Finanzüberblick im vergangenen Jahr weiter ausgebaut. Gleichzeitig sagt der Großteil der Generation 50Plus von sich selbst aber auch, sich in Finanzdingen nicht gut auszukennen.
Insgesamt dürfte der genaue Finanzüberblick zur negativen Einschätzung der künftigen finanziellen Situation führen. Denn ältere Verbraucher haben meist nur sehr geringe Ressourcen unter 500 Euro (23 Prozent) oder sogar gar keinen finanziellen Puffer (11 Prozent). Hinzu kommt, dass ältere Verbraucher Preise für Abgaben, Produkte und Leistungen häufiger als 2020 als zu hoch empfinden. Diese Kombination spiegelt sich in der Wahrnehmung der eigenen finanziellen Situation und Bewertung der zukünftigen Entwicklung wider.
Generation 50Plus reduziert Ausgaben, spart aber auch weniger
Die Wahrnehmung der eigenen finanziellen Situation – aktuell wie künftig – und die Bewertung von Ressourcen und Preisen führt dazu, dass die Generation 50Plus Ausgabepläne zusammenstreicht. Die Studienteilnehmer gaben an, vor allem weniger in den Bereichen Hobby & Kultur, Urlaubsreisen und Restaurantbesuch ausgeben zu wollen.
Zuerst paradox klingt die Tatsache, dass nicht nur die Ausgabepläne gekürzt werden, sondern auch die Bereitschaft zum Sparen zurückgeht. Ein möglicher Grund bleiben hier steigende Preise, etwa bei Heizkosten oder für Lebensmittel. Wenn die Generation 50Plus einspart, dann aber am ehesten in den Bereichen Kleidung & Schuhe, Urlaubsreisen und digitale Angebote wie Streaming-Dienste – alles Kategorien, die gerade bei der jüngeren Generation einen hohen Stellenwert haben. Die Einsparungen im digitalen Bereich dürften auch daher rühren, dass ältere Studienteilnehmer weiterhin die Digitalisierung für sich nur wenig nutzen, wie auch die Studie Liquidität 50Plus noch einmal herausgestellt hat. Denn die Hauptbereiche, in denen ältere Konsumenten digitale Angebote nutzen bzw. nutzen würden, erstrecken sich auf Online-Termine für Behördengänge, Bankangelegenheiten und gegebenenfalls Fort- und Weiterbildungen.
Fazit: Finanzielle Wahrnehmung weiterhin von Pandemie getrübt
Die Corona-Krise wirkt sich weiterhin negativ auf die Einschätzung der finanziellen Lage bei Verbrauchern aus. Zwar sehen immer noch zwei Drittel diese als gut bis sehr gut an und 37 Prozent der Befragten rechnen künftig mit einer positiven Entwicklung ihrer Finanzlage. Allerdings waren diese Einschätzungen vor einem Jahr noch deutlich besser. Zudem hat sich bei einem Viertel der Bevölkerung die finanzielle Situation aufgrund der Pandemie verschlechtert.
Im Generationenvergleich zeigt sich, dass jüngere Studienteilnehmer wesentlich zuversichtlicher bezüglich ihrer Finanzlage sind, als die Generation 50Plus. Gerade die älteren Verbraucher sind weniger bereit, Ausgaben zu tätigen. Das ist teilweise auf eine bessere Übersicht der eigenen Ausgaben, Kosten und finanziellen Ressourcen sowie der Preisentwicklung zurückzuführen. Aber wohl auch der Lebenserfahrung der Generation jenseits der 50 zuzuschreiben, die bereits mehrere Krisen mitbekommen und gemeistert hat.